Pressemitteilung vom 11.01.2021

Zur Forderung führender protestantischer Theologen, in kirchlichen Einrichtungen einen professionellen assistierten Suizid zu ermöglichen, sagte Alexandra Linder, Vorsitzende des Bundesverband Lebensrecht e.V. (BVL), in Berlin:

Die Stellungnahme von Vertretern der protestantischen Kirche, darunter auch ein Landesbischof und der Präsident der Diakonie, ist kurz gesagt menschenverachtend. Ja, auch Vertreter von Kirchen sind im Laufe der Geschichte mit vielen Menschen ungerecht umgegangen: mit Menschen, die sich selbst getötet haben, mit ledigen Müttern oder unehelichen Kindern. Aus dieser „langen Schuldgeschichte“ jedoch die Konsequenz zu ziehen, dass kirchliche Einrichtungen künftig ein besonders sicherer Tötungsort werden wollen, ist der vollkommen falsche Weg. In schlimmsten Zeiten, im Krieg, in Hungersnöten oder Pestepidemien, bot die Kirche Hilfe, Versorgung, Seelsorge, Lebensperspektiven, Beistand. Menschen in seelischer Not, die gemäß der Suizidforschung durch Schmerzen, fehlenden Beistand und vieles mehr nachweislich überwiegend fremdbestimmt sind, wenn sie über Suizid nachdenken, brauchen genau diesen umfassenden Rettungsanker, mit Sicherheit aber keine kirchliche Einrichtung, die ihnen den, wie es in der Erklärung heißt, „sicheren und nicht qualvollen“ Schierlingsbecher reicht.

Bei der Abtreibung lädt die evangelische Kirche sich aktuell eine neue, große „Schuldgeschichte“ auf. Was wird sie tun, wenn die Euthanasie, wie sie zum Beispiel in Belgien oder den Niederlanden auch bei Minderjährigen beziehungsweise Neugeborenen zulässig ist, in Deutschland legal wird? Kirchliche Einrichtungen müssen immer und ausschließlich eine menschenwürdige, sichere Oase sein, in der niemand darüber nachdenkt, Menschen dem Tode zu überlassen oder gar zuzuführen. Der Begriff „Professionalisierung der Selbsttötung“ aus dem Munde von sich christlich nennenden Kirchenvertretern ist paradox und zynisch.

Sobald man die Selbstbestimmung über alles stellt, auch über das eigene Recht auf Leben oder das Lebensrecht anderer, wird die Legalisierung des assistierten Suizids, der Selektion von Kindern vor der Geburt, der Produktion von gewünschten Kindern oder der Abtreibung einfacher. Diese Umkehrung der Wertigkeit wird zum Vorteil für die Lauteren und Stärkeren und zum Nachteil für die Selbstbestimmung anderer. Die protestantische Kirche sollte sich die Frage stellen, die sie in anderen Bereichen so gerne stellt: „Was hätte Jesus getan?“

 

Alexandra Maria Linder M.A. (Vorsitzende)

Bundesverband Lebensrecht e.V.
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10787 Berlin

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Kaminski: „Kirchen sollten Besseres zu tun haben, als Suizidhelfern Konkurrenz machen zu wollen“

PRESSEMITTEILUNG 11.1.2021

Zu Presseberichten über die Forderung hochrangiger Amtsträger der evangelischen Kirche in Deutschland, kirchliche Einrichtungen sollten künftig auch Suizide in ihren Einrichtungen zulassen und begleiten, erklärt die Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V., Cornelia Kaminski:

Als überparteiliche und überkonfessionelle Lebensschutzorganisation mit protestantischen Wurzeln ist die Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) e.V. verstört und empört über die jüngste Forderung des Vorsitzenden der Kammer für öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD), Reiner Anselm, und des Präsidenten des evangelischen Wohlfahrtsverbands Diakonie, Ulrich Lilie.

Sollten EKD und Diakonie tatsächlich begleitete Suizide in von ihnen betriebenen Einrichtungen „anbieten oder zumindest zulassen“, betrieben sie de facto das Geschäft der right-to-die-societies wie des Vereins „Sterbehilfe Deutschland“ und der „Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben“. Das kann unmöglich Ziel der EKD sein. Kirchen sollten Besseres zu tun haben, als Suizidhelfern Konkurrenz machen zu wollen.

Die ALfA teilt wie andere Lebensrechtler auch den Ansatz, gemäß dem das Urteil über Suizidwillige Gott zu überlassen ist, der allein auf den Grund der menschlichen Herzen blicken kann. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass Suizide in kirchlichen Einrichtungen willkommen geheißen und begleitet werden sollten – im Gegenteil. Wer Suizide auch „nur“ toleriert, bestätigt damit das Urteil, das der Suizident über sein Leben fällt. Ob man sich dessen bewusst ist oder nicht: Suizidhilfe anbieten bedeutet Akzeptanz der subjektiven Sicht des Selbstmordwilligen, der seine aktuelle Lebenssituation für lebensunwert hält.

Aus Sicht der ALfA ignoriert der Vorstoß der evangelischen Amtsträger zudem zahlreiche wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse der in der Suizidforschung und -prävention tätigen Mediziner und Forscher. Demnach ist Suizidalität nicht nur heilbar, sondern auch hochgradig ansteckend. Es wäre völlig absurd, wenn die Evangelische Kirche – wie etwa an Weihnachten geschehen – Gottesdienste untersagt, um mit einfachen Mitteln zu verhindernde Ansteckungen mit dem Virus SARS-CoV-2 in ihren Kirchen völlig auszuschließen, sich aber bereitfände, das Suizid-Virus in ihren Einrichtungen durch – ganz anrührend und herzerwärmend – gestaltete Lebensabschiedsfeiern zu verbreiten.

Fakt ist: Suizidale brauchen Hilfe. Alle Anstrengungen müssen sich ausschließlich darauf richten, diese so professionell wie rechtzeitig bereitzustellen und die Lebenssituation der Suizidwilligen zu verbessern. Eine Akzeptanz oder gar Begleitung von Suiziden in kirchlichen Einrichtungen erweist nicht nur suizidalen Menschen einen Bärendienst, sondern macht auch den Suizid salonfähig und begünstigt darüber hinaus schwerwiegende seelische Verletzungen von Mitbewohnern, Angehörigen und Bekannten.“

 

Die Aktion Lebensrecht für Alle e.V. (ALfA) tritt für das uneingeschränkte Lebensrecht jedes Menschen ein – ob geboren oder ungeboren, behindert oder nicht, krank oder gesund, alt oder jung. Die ALfA hat mehr als 11.000 Mitglieder und ist Mitglied im Bundesverband Lebensrecht (BVL).

 

V.i.S.d.P.
Cornelia Kaminski
Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle, ALfA e.V.
E-Mail: cornelia.kaminski@alfa-ev.de
Telefon: 0178/5888300