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Lebensrechtler und Kirchenvertreter protestieren: Ein in der vergangenen Woche von Vertreterinnen der SPD und Grünen vorgestellter Gesetzentwurf sieht vor, dass die Tötung des Kindes im Mutterleib bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche rechtmäßig sein soll.

Außerdem soll die dreitägige Wartefrist zwischen Beratung und Abtreibung gestrichen werden, während die Krankenkassen zudem fortan die Kosten für Abtreibungen übernehmen sollen.

„Wir halten eine Reform des Schwangerschaftsabbruchsrechts für überhaupt nicht geeignet, in der derzeitigen politischen Situation im Bundestag noch behandelt und abgestimmt zu werden“, erklärte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz (DBK), Matthias Kopp, am Freitag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. Ein für eine solche Gesetzesänderung notwendiges, geordnetes Verfahren und eine angemessene Auseinandersetzung könnten zwischen Vertrauensfrage, Auflösung des Bundestages und Neuwahlen nicht stattfinden, so Kopp.

Ungünstige Bedingungen für Abstimmung

„Demokratieverachtend und empörend“

Ähnlich hatten sich zahlreiche Vertreter aus Politik und von Sozialverbänden geäußert. Besonders besorgt zeigten sich Vertreter der Lebensrechtsbewegung. Cornelia Kaminski, Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“, wies darauf hin, dass es „keine Lappalie“ sei, wenn der Paragraph 218 kippe: „Damit würde in Deutschland eine Zweiklassengesellschaft entstehen – Menschen, die man grundlos töten darf und Menschen, deren Tötung eine Straftat ist“, formulierte die Lebensschutzaktivistin. Die Art, wie dieser Vorschlag „nun durch den Bundestag gepeitscht werden soll“, sei „wirklich demokratieverachtend und empörend“, so Kaminski, die in diesem Zusammenhang „alle“ dazu aufrief, Protest einzulegen: „Und zwar nicht nur diejenigen, die sich schon immer für das ungeborene Leben eingesetzt haben, sondern auch all die, die sagen: Das ist unwürdig und respektlos, wie hier mit dem Menschenrecht auf Leben und unserer Verfassung umgegangen wird.“ Die beste Möglichkeit für Protest sei der direkte Kontakt zu den Abgeordneten, so Kaminski weiter. Man könne sie persönlich anrufen, im Wahlkreis ansprechen oder ihnen schreiben.

Lebensschützer wünschen starke Präsenz

Kaminski hat klar formulierte Erwartungen an die Parlamentarier: „Man sollte auch schreiben, dass wir von den CDU/CSU-Abgeordneten erwarten, dass sie im Saal sind, wenn darüber abgestimmt wird – bei so einer Abstimmung durch Abwesenheit glänzen ist keine Option, sondern genauso schlimm wie für die Legalisierung der Abtreibung zu stimmen“, so die Meinung der Aktivistin. „Denen sollte man vielleicht auch sagen: Wer eine Brandmauer gegen das Recht auf Leben errichtet, verbrennt sich daran mehr als die Finger. Und wir erwarten von den FDP-Abgeordneten, dass sie sich ebenfalls für den Schutz des menschlichen Lebens einsetzen und dieses ideologiegetriebene Spiel der Rest-Ampel nicht mitmachen.“

„Zwei Drittel der Deutschen wollen laut ALfA nicht am § 218 rütteln“

Die ALfA-Vorsitzende betont, dass zwei Drittel der Menschen in Deutschland nicht am § 218 rütteln wollten. Das müsse man den Abgeordneten sagen. Zuvor schon hatte sie den Vorstoß als „brandgefährlich“ bezeichnet und hervorgehoben, dass der Gesetzentwurf nicht nur die Tötung von Menschen eines bestimmten Alters rechtmäßig stelle, sondern die Kosten hierfür auch noch der Solidargemeinschaft aufbürden wolle.

Stimmen aus der Politik

„Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr: unangemessen, dass die Gruppe dem Bundestag auf den letzten Metern so ein komplexes Thema vor die Füße wirft“

Die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr sagte auf Anfrage, sie halte es für unangemessen, dass die Gruppe „dem Bundestag auf den letzten Metern so ein komplexes Thema vor die Füße wirft“. Es brauche Raum für die gesellschaftliche Debatte. Ähnlich äußerte sich auch Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. Angesichts der kurzen Zeit bis zur Neuwahl wäre es nicht verantwortlich, die Entscheidung „jetzt im Eiltempo treffen zu wollen“. Wo es um Grundsatzfragen am Lebensanfang gehe, brauche es eine geordnete Beratungszeit.

„Wer Abtreibung aus dem Strafrecht entfernt, schafft Grundrechte von Kindern ab“, sagte die Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht, Alexandra Linder. Damit finde die Entmenschlichung dieser Kinder ihren Höhepunkt, doch jeder, der Abtreibungen durchführe, jeder, der sich mit der Wissenschaft der Embryologie beschäftige, jeder, der eine frühe Fehlgeburt erlebt und den angeblichen „Zellhaufen“ gesehen habe, wisse, dass es um Menschenleben gehe, ist sie überzeugt.

Befürworter sehen „historische Chance“

In Deutschland sind Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte im April Empfehlungen für eine Liberalisierung der Abtreibung vorgelegt und sich dafür ausgesprochen, das entsprechende Gesetz aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes erklärte, die Abgeordneten des Bundestags hätten „die historische Chance“, über „diesen wichtigen und lange überfälligen Schritt für Frauenrechte abzustimmen“. Diese Chance dürfe nicht vertan werden. Auch die Arbeiterwohlfahrt begrüßte den Vorschlag, forderte aber weitergehende Regelungen wie eine Abkehr von der Beratungspflicht.


Erstpublikation: Claudia Kaminski. Entsetzen über Gesetzentwurf zum Paragraph 218. Vatican News – https://www.vaticannews.va/de/kirche/news/2024-11/lebensrecht-deutschland-abschaffung-218-legalisierung-abtreibung.html – 19.11.2024.

Zu einer Neuregelung der Abtreibung außerhalb des Strafgesetzbuches wurde der Bundesverband Lebensrecht um eine Stellungnahme gebeten. Hierzu sagte die Vorsitzende Alexandra Linder heute in Berlin:

In den bisher veröffentlichten Stellungnahmen zeigt sich, neben der Forderung nach Neuregelung der Abtreibung mit weiter erleichtertem Zugang, die Tendenz, ein „abgestuftes“ oder „kontinuierlich zunehmendes“ Lebensrecht, das dem vorgeburtlichen Kind zuzustehen sei, vorzuschlagen.

Dazu heißt es in der BVL-Stellungnahme: „Der Vorschlag eines „abgestuften“ Lebensschutzes birgt die Gefahr, dass willkürlich darüber entschieden wird, wer eine bestimmte Stufe dieses Schutzes verdient und wer nicht. Er teilt Menschen in mehr oder weniger schützenswerte Kategorien ein, was langfristig auch andere Gruppen von Menschen in Gefahr bringen könnte. Konsequent angewendet, müsste eine derartige Abstufung außerdem diejenigen Menschen am meisten schützen, die am ungeschütztesten sind, im Falle der Abtreibung also besonders die Menschen in ihrem frühesten Existenz-Stadium, in dem sie noch nicht alleine lebensfähig sind. Eine umgekehrte Regelung, den Schutz zu erhöhen, je entwickelter die Menschen sind, führt ein solches Schutzprinzip ad absurdum.

Eine Veränderung des Schutzkonzepts im Hinblick auf Schwangerschaft würde eine andere rechtliche Bewertung des Embryonenschutzes nach sich ziehen. Die logische Folge wäre weniger Schutz auch für Embryonen im Rahmen der In-vitro-Fertilisation und der Stammzellforschung. Ebenso bedenkliche Folgen könnte es in Bezug auf den Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik oder dem NIPT (non-invasiver pränataler Test) geben.

Gesellschaftlich hätte dies weitere Auswirkungen auf den anerkannten Status des vorgeburtlichen Kindes. Bereits jetzt ist feststellbar, dass vielen Menschen das Bewusstsein in Bezug auf die Menschenwürde und Schutznotwendigkeit dieser Gruppe von Menschen abhandenkommt.“

Statt Abtreibungserleichterung empfiehlt der BVL die „Prüfung der Wirksamkeit der gesetzlichen Regelung (§§ 218 ff. sowie SchKG), wie seit Bestehen des Gesetzes gefordert wird, jedoch noch aussteht. Hierzu gehört eine vollständige und umfassende Abtreibungsstatistik inklusive Erfassung der (Haupt-)Gründe, um ein gesellschaftliches Gesamtbild zu erhalten und Verbesserungen für Frauen im Konflikt und den Schutz der vorgeburtlichen Kinder herbeizuführen. Außerdem sollten angesichts der Entwicklung diejenigen Beratungsstellen, die Beratungsscheine ausstellen, im Hinblick auf ihre Qualität und Vollständigkeit der Beratung hin geprüft und die bestehenden Angebote besser kommuniziert werden.“

Des weiteren nimmt der BVL Stellung zur „Gehsteigbelästigung“, „defizitären Versorgungslage“ bei Abtreibungen, „Kriminalisierung“ von Frauen und Abtreibungsexperten, zu absehbaren Abtreibungsquoten sowie dem Argument, restriktive Abtreibungsregelungen würden keine Abtreibung verhindern, sondern sie lediglich unsicher machen.

Weiter erleichterter Zugang zu Abtreibung steigert die hohen und steigenden Abtreibungszahlen weiter und lässt Frauen im Schwangerschaftskonflikt im Stich. Der BVL positioniert sich eindeutig zum Lebensrecht aller Menschen: „Ein Ziel unseres humanen Rechtsstaates ist es, Menschen umfassend zu schützen und diesen Schutz zu erhöhen, je unschuldiger und je unfähiger diese Menschen sind, sich selbst zu schützen. Jede Form der Ignorierung von Schwangerschaftskonflikten und Lebenssituationen, eines abgestuften Lebensschutzes oder der willkürlichen Umdefinition vorgeburtlicher Kinder zu weniger schützenswerten Menschen widerspricht diesen Prinzipien, widerspricht der Menschenwürde, der Gerechtigkeit und der Solidarität.“

Termine

Fachtagung Bundesverband Lebensrecht: Köln, 20. April 2024
Marsch für das Leben: Berlin und Köln, 21. September 2024
Kongress Leben.Würde: Schönblick, 09.-11. Mai 2025

Zum heutigen Abstimmungsergebnis im Bundestag zum §219a StGB sagte Alexandra Linder, Vorsitzende des Bundesverband Lebensrecht, in Berlin:

Nach viereinhalb Jahren erfolgreich verhinderter Anläufe haben Abtreibungsideologen heute ihr erstes Etappenziel zur vollständigen Legalisierung der Abtreibung in Deutschland erreicht: Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen wurde im Bundestag beschlossen, Werbung für Abtreibung zu erlauben – entgegen allen Zahlen und Fakten, unter stetiger Wiederholung von Falschaussagen und die Wahrheit verschleiernden Begriffen (von „Schwangerschaftsunterbrechung“ bis „Absaugen des Schwangerschaftsgewebes“) sowie mit einer wegen Verstoßes gegen §219a verurteilten Gesetzesbrecherin als Anhörungsexpertin. Untermalt wurde das Ganze von erstaunlich niveaulosen Filmchen und Fotos von Bundestagsabgeordneten.

Konkret bedeutet die Abschaffung des Werbeverbots, dass nicht nur jede Abtreibungseinrichtung, sondern auch jeder Verein, jede Lobbygruppe und jede Einzelperson Abtreibung bewerben kann – als „Gesundheitsversorgung“, als „Frauenrecht“, „in angenehmer Atmosphäre“, für solventere Kundinnen „mit Mahagonibett“, für ärmere Frauen zum besonders günstigen Preis. All das findet man auf US-amerikanischen Internetseiten in Bundesstaaten, in denen Werbung für Abtreibung erlaubt ist. Außerdem wird in Deutschland als nächstes natürlich die Frage gestellt werden, warum etwas, wofür man werben darf, verboten ist.

Wir leben in Zeiten von Wirtschaftskrise, Gesellschaftskrise, Kriegen, Energiekrise und weiteren Sorgen und Bedrohungen für die Menschen. Die Vorstellung, dass Frauen im Schwangerschaftskonflikt in diesen Zeiten nichts Besseres, Wichtigeres und Sinnvolleres brauchen als noch mehr Abtreibungspropaganda und „Versorgung“ mit Abtreibungseinrichtungen, geht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei.

Mit diesem Beschluss stellen sich Bundestag und Regierung ein Armutszeugnis für den politischen Anspruch aus, mehr Zukunft zu wagen. Wer Zukunft wagen will, kümmert sich um die Versorgung von Mutter und Kind, versucht auf allen Ebenen dafür zu sorgen, dass niemand über Abtreibung nachdenken muss. Wer Zukunft wagen will, betrachtet Kinder und die Lebensleistung ihrer Mütter als Bereicherung für die Gesellschaft, nicht als Last und Behinderung einer menschenfeindlichen Selbstverwirklichungsideologie.