Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete,

die Transplantationsmedizin in Deutschland steckt in einer Krise. Bei einem tendenziell steigenden Bedarf an Organen bleibt die Zahl der Spenderorgane auf niedrigem Niveau, obwohl die prinzipielle Bereitschaft zur Organspende recht hoch ist und mehr als ein Drittel aller Erwachsenen in Deutschland einen Spenderausweis besitzt. Etwa 10.000 Menschen warten derzeit auf ein Organ, aber im Jahr 2018 gab es in Deutschland nur 955 Organspender nach dem sogenannten Hirntod-Konzept.

Um diese Situation zu verbessern, schlägt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn jetzt eine „Widerspruchsregelung“ vor. Diese beruht auf einer Umkehrung der „Erklärungslast“: Während bisher bei hirntoten Patienten Organe nur dann entnommen werden dürfen, wenn eine Einwilligung des Patienten vorliegt, soll nach dem vorgeschlagenen Gesetz jeder als potentieller Organspender gelten, es sei denn, man hat seinen Widerspruch zur Organspende in ein zentrales Register eintragen lassen oder auf andere Weise schriftlich dokumentiert.

Die Organisation „Ärzte für das Leben“ versteht sehr gut, warum die Organtransplantation als wichtiges Element der Behandlung schwerstkranker Patienten angesehen wird. Eine Verpflanzung des Herzens, der Leber oder der Lunge ist oft lebensrettend. Bei Dialysepatienten führt der Empfang einer Niere meist zu einer ganz erheblichen Verbesserung der Gesundheit und der Lebensqualität.

Dennoch lehnen wir die Widerspruchsregelung entschieden ab.

Im Folgenden möchten wir Ihnen die Gründe für diesen scheinbaren Widerspruch erläutern.

1. Die Krise der Transplantationsmedizin resultiert primär aus Vertrauensverlust und Organisationsversagen, nicht aus einer fehlenden Bereitschaft zur Organspende.

In den letzten Jahren wurden wiederholt Unregelmäßigkeiten bei der Organzuteilung aus verschiedenen Zentren gemeldet. Auch wurden grundsätzliche Bedenken bezüglich des Hirntodkonzepts (die Vorstellung, dass der Hirntod mit dem Tod des ganzen Menschen gleichzusetzen ist) nicht ernst genommen und diskutiert, sondern schlichtweg geleugnet. Beides hat dazu geführt, dass das Vertrauen vieler Bürger in die Transplantationsmedizin deutlich abgenommen hat. Schwierigkeiten bei der Organisation der Organentnahme haben auch die Spenderzahlen reduziert.

2. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt, dass die Einführung der Widerspruchsregelung nicht automatisch zu einer Erhöhung der Spenderorgane führt.

Eigentlich müsste man erwarten, dass nach einer Einführung der Widerspruchsregelung die Anzahl der Spenderorgane nur steigen kann. Überraschenderweise wird diese Annahme aber von der Wirklichkeit nicht bestätigt. In Schweden und Singapur hat die Widerspruchsregelung die Spenderzahl nicht verändert, während in Brasilien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Lettland, Luxemburg und Wales die Organspenderate nach Etablierung einer Widerspruchslösung sogar gesunken ist.

Selbst in Spanien, das oft als Erfolgsgeschichte präsentiert wird, hat sich die Spenderate nach Einführung der Widerspruchslösung sechs Jahre lang nicht verändert. Experten gehen davon aus, dass die Zunahme der Spenderate, die danach in Spanien beobachtet wurde, nicht auf die Widerspruchslösung, sondern in erster Linie auf eine Verbesserung der Transplantationsinfrastruktur zurückzuführen war.

3. Bevor man zum radikalen Systemwechsel greift, sollte man die existierenden Strukturen der Transplantationsmedizin verbessern

Erst in Februar dieses Jahres wurde das „Gesetz zur Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ vom Bundestag als Reaktion auf die offensichtlichen Mängel in diesem Bereich verabschiedet. Wäre es nicht klüger, erst die Auswirkungen dieses Gesetzes abzuwarten, bevor man mit der Widerspruchsregelung einen radikalen Systemwechsel anstrebt?

Der Deutsche Bundestag hat erst vor wenigen Jahren beschlossen: „Niemand kann verpflichtet werden, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abzugeben“ (§ 2 Abs. 2a TPG). Hier eine Kehrtwende zu vollziehen, entspräche nicht dem „Ultima-ratio-Prinzip“, dem alles staatliche Handeln verpflichtet ist.

4. Die Würde des Menschen und die ethischen Grundsätze ärztlichen Handelns sind auch und insbesondere in den Grenzbereichen menschlichen Lebens zu wahren

Jeder Mensch hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, das im ärztlichen Prinzip „primum nihil nocere“ („zuerst keinen Schaden anrichten“) seinen Widerhall findet. Dies ist auch der Grund, warum ein ärztlicher Eingriff ohne Einwilligung des Patienten als Körperverletzung gilt. Dieses Recht auf Unversehrtheit gilt auch und gerade bei schwerstkranken und sterbenden Patienten.

Was ist aber bei einem sterbenden Patienten, der als Organspender in Betracht kommt? Es ist eine medizinische Tatsache, dass Organe eines toten Menschen, also einer Leiche, nach Transplantation in einen anderen Menschen keine Funktion aufweisen. Sie sind genauso tot wie der Mensch, dem sie entnommen wurden. Transplantierte Organe funktionieren nur dann, wenn sie „lebendfrisch“ (so der Fachbegriff) entnommen wurden. Aber für lebendige Menschen gilt das Prinzip der Unversehrtheit – man darf ihnen keine Organe entnehmen, erst recht nicht, wenn diese Entnahme zu ihrem sicheren Tod führen würde.

Dieses Dilemma versucht man durch das Hirntodkonzept zu lösen, das etwa acht Monate nach der ersten Herztransplantation Mitte 1968 von einem Komitee an der Harvard Medical School in den USA erfunden wurde. In den fünfzig Jahren, die seitdem vergangen sind, sind die Bedenken bezüglich des Hirntodkriteriums keineswegs ausgeräumt. Auch der Deutsche Ethikrat ist in dieser Frage gespalten, wobei nach unserer Auffassung die Haltung der Mitglieder des Rats, die den Hirntod als Tod des Menschen ablehnen, überzeugender ist.

Das Sterben ist eine ganz sensible Phase des Lebens. Jeder wünscht einen friedlichen Tod, für sich und seine Nächsten, im Idealfall im Kreis der Familie und vertrauter Personen. Bei der Organspende ist dies ausgeschlossen. Der Sterbeort ist in jedem Fall der Operationssaal, nachdem der Sterbende seit etlichen Stunden oder Tagen intensiver Behandlung auf die Organentnahme „vorbereitet“ wurde. Hierzu gehört die Gabe von Medikamenten zur Muskelentspannung und gelegentlich auch Schmerzmittel. Der Patient stirbt isoliert, oft in einer fremden Stadt, nicht im Frieden sondern in einem Gewirr von Schläuchen und Apparaten.

Zum Schluss möchten wir folgendes sagen: Als Ärzte verstehen wir sehr gut die Argumentation für die Organspende. Deren Umstände sind aber nicht gleichgültig. Eine echte Zustimmung ist nicht das gleiche wie ein fehlender Widerspruch. Wir als Ärzte, Sie als Politiker, die Gesellschaft als Ganzes muss sich klar werden auf welcher Grundlage Organtransplantationen möglich sein sollen. Die Erfahrung zeigt: Verlorenes Vertrauen gewinnt man durch Umsicht, Verlässlichkeit und Ehrlichkeit zurück, keinesfalls aber durch noch so gut gemeinte Nötigung oder Zwang.

In diesem Sinne bitten wir Sie zu verstehen, warum wir die Widerspruchsregelung ablehnen und appellieren an Sie, diesem Gesetzesvorschlag nicht zuzustimmen. Das bedeutet keine Vernachlässigung der Transplantationsmedizin, da ein alternativer Gesetzentwurf, der einige der oben skizzierten Probleme berücksichtigt, ebenfalls zur Abstimmung vorliegt.

Hochachtungsvoll

Prof. Dr. Paul Cullen
Vorsitzender der „Ärzte für das Leben e.V.“

Kontakt:
Ärzte für das Leben e.V.
Prof. Dr. med. Paul Cullen
Am Blütenhain 33
48163 Münster
E-Mail: p.cullen(at)aerzte-fuer-das-leben.de
https://aerzte-fuer-das-leben.de/

CDL wendet sich an die Bundestagsabgeordneten

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Dr. Karl Lauterbach, haben mit einer fraktionsübergreifenden Initiative einen Gesetzentwurf für die Einführung einer Widerspruchsregelung bei der Organspende vorgelegt. Der Deutsche Bundestag wird sich morgen (26.6) in erster Lesung mit diesem Entwurf befassen. Für die Christdemokraten für das Leben e. V. (CDL) nimmt deren Pressesprecherin, Susanne Wenzel, hierzu Stellung:

„Rechtzeitig vor der ersten Lesung des Gesetzentwurfes von Minister Spahn und anderen zur Einführung der Widerspruchsregelung bei der Organspende hat sich die CDL in einem Brief an die Abgeordneten aller Fraktionen im Deutschen Bundestag gewandt und darum gebeten, die Widerspruchsregelung abzulehnen. Hierfür führt CDL-Bundesvorsitzende Mechthild Löhr in dem von ihr unterzeichneten Brief mehrere Gründe an: 

Wird jeder Bürger automatisch zum Organspender, bedeutet dies die Aufgabe des „Freiwilligkeitsprinzips“. Aus der „Organspende“ wird eine „Organabgabepflicht“. Dies verstößt aus Sicht der CDL nicht nur gegen das in unserem Grundgesetz verankerte Selbstbestimmungsrecht, sonder auch gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Geht es um eine derart wichtige Angelegenheit wie das eigene Sterben, den Sterbeort und auch den Sterbeprozess kann Schweigen nicht einfach als Zustimmung für Organentnahmen gewertet werden. Jede Datenweitergabe unterliegt inzwischen der expliziten und aktiven Zustimmung des Einzelnen. Ausgerechnet bei der Frage von Leben und Tod soll ohne erklärte Zustimmung des Patienten dessen Leben durch die Ärzte künstlich verlängert oder vorzeitig beendet werden können. Das ist für die CDL inakzeptabel.

Der Staat maßt sich mit der Einführung der „Organentnahme ohne Einwilligung“ an, in ausreichender Zahl Organe zur Verfügung stellen zu wollen. Dabei wird den Angehörigen eines potentiellen Spenders verwehrt, sich ablehnend zur Organspende zu äußern oder nach dessen mutmaßlichen Willen zu entscheiden. Zwar will der Gesetzentwurf zur Entlastung der nächsten Angehörigen beitragen, da diesen nicht zugemutet werden solle, die Entscheidung zur Organspende zu treffen. Aber letztlich wird in einer ohnehin schon extrem schwierigen Lebenssituation, wenn die Angehörigen mit der Diagnose „Hirntod“ schon in besonderer Weise belastet sind, die Möglichkeit der Entscheidung, auch zum Behandlungsabbruch, genommen. Doch auch die menschliche Zuwendung, die sich in der Begleitung des Sterbenden am Krankenbett bis in die Todesstunde hinein ausdrückt, wird der Familie des Spenders verwehrt. Persönliche, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, die gegen eine Organentnahme sprechen, werden durch die „Widerspruchslösung“ im Vorhinein ausgehebelt. 

Die CDL verwahrt sich ferner gegen die manipulative Behauptung, dass Menschen auf der Warteliste für die Organspende sterben, „weil für sie kein Spenderorgan zur Verfügung steht“, wie der Gesetzentwurf formuliert. Hier wird als Ursache die fehlende Spende insinuiert, was den Druck zu einer „moralischen Verpflichtung“ zur Spende erhöhen soll. Tatsächlich aber sterben diese Menschen, weil sie krank sind und die richtige Therapie für sie bisher nicht zur Verfügung steht.

Derzeit besitzen 36 Prozent aller Bundesbürger über 16 Jahren einen Organspendeausweis, also mehr als 20 Millionen Menschen. Es wird aber stets ins Feld geführt, dass nur rund 1.000 Spendern pro Jahr Organe entnommen werden können. Dies zeigt aus Sicht der CDL, dass die Organisation der Organspende noch erhebliche Mängel aufweist. Dem wollte der Bundestag mit dem erst im März diesen Jahres verabschiedeten „Gesetz für die bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende“ entgegenwirken. Die CDL fordert hier, die vorgesehenen Strukturmaßnahmen erst einmal umzusetzen und deren – mit Sicherheit nicht unerhebliche Folgen – zu evaluieren. 

In Deutschland gibt es laut Angaben der Stiftung Lesen derzeit mindestens 6,2 Millionen Analphabeten und ca. 10,6 Millionen Menschen, die zwar zusammenhängende Texte verstehen, aber dennoch nicht gut lesen und schreiben können. In der Regel wird dies nicht dokumentiert oder sonstwie behördlich erfasst. Dem will der Gesetzentwurf von Spahn, Lauterbach und anderen Rechnung tragen, indem „bei Personen, die nicht in der Lage sind, Wesen, Bedeutung und Tragweite einer Organ- oder Gewebespende zu erkennen und ihren Willen danach auszurichten“ die Organ- oder Gewebespende für unzulässig erklärt wird. Für die CDL stellt sich hier die Frage, wie die Klinik im Entscheidungsfall und unter Zeitdruck zuverlässig diese Einschränkungen bei einem Menschen erkennen will und wie transparent bei einer bereits erfolgten Hirntod-Diagnose geprüft wird, ob der betroffenen Person die Rechtslage bewusst war und sie diese auch verstanden hat. 

Letztlich plädiert die CDL für die Ablehnung der Widerspruchsregelung. Denn in einer offenen und freiheitlich-demokratischen Gesellschaft sollte gerade der Sterbeprozess dem aktiven Handeln des Staates entzogen bleiben.

Pressemeldung 
Nordwalde b.Münster, den 25.6.2019

Kontakt:
Odila Carbanje
Stellv. Bundesvorsitzende Christdemokraten für das Leben e.V.
– Bundesgeschäftsstelle –
Kantstr. 18 48356 Nordwalde b. Münster
Tel.: 0 25 73 – 97 99 391
Fax: 0 25 73 – 97 99 392
E-Mail: info@cdl-online.de
Internet: www.cdl-online.de

Schreiben des BVLs an die Abgeordneten des Bundestages

Sehr geehrte Damen und Herren Bundestagsabgeordnete,

in dieser Woche werden Sie im Bundestag über einen Gesetzesentwurf zur Widerspruchslösung bei der Organspende debattieren. Ziel des Bundesgesundheitsministers ist es, wie er „die Zahl der Organspenden in Deutschland steigern“ kann, unter anderem, weil Deutschland „im Konkreten das Spenden-Schlusslicht in Europa“ sei.

Folgende Argumente bitte ich Sie bei der Debatte und Entscheidungsfindung zu bedenken:

  • Die Zahlen der Spenderorgane sind seit 2012 unter anderem wegen des zeitgleich mit der Gesetzesneufassung bekannt gewordenen Organvergabeskandals in Göttingen und weiterer nachfolgender Unregelmäßigkeiten (wie in Essen 2018) nicht gestiegen. Trotz einer prinzipiell hohen Spendenbereitschaft haben viele Menschen kein Vertrauen in die Vergabepraxis und daher keinen Organspendeausweis.

  • Eine Widerspruchsregelung allein – wie in Spanien, das gern als positives Beispiel angeführt wird – führt nicht zu einer Steigerung der Zahlen; so sind die Spenderzahlen in manchen Staaten nach Einführung einer Widerspruchsregelung sogar gesunken, wie in Dänemark oder Frankreich. Auch in Spanien hat es Jahre gedauert, bis die Organspenderzahlen stiegen. Wichtiger sind vielmehr eine gute Infrastruktur, entsprechend geschultes Personal wie Transplantationsbeauftragte in Krankenhäusern und eine vertrauenswürdige Institution, die sich um die Organisation kümmert. Bevor der Körper des Menschen zur Verfügungsmasse wird und die Nutzung von Organen weniger Schutz erhält als die Nutzung personenbezogener Daten (Zitat Rainer Beckmann), sollten zunächst Organisation, Vertrauenswürdigkeit und Transparenz verbessert beziehungsweise wiederhergestellt werden.

  • Wenn Organspende zur Norm wird, wird sie zur Normalität, der sich die Gesellschaft verpflichtet fühlt und fühlen soll. Damit steigt der Druck, keinen Widerspruch einzulegen, viele Menschen werden daher möglicherweise eine Entscheidung zu Lebzeiten meiden. Die angestrebte Entlastung der Angehörigen, eine Entscheidung treffen zu müssen, wird damit überwiegend ausbleiben

  • Wer sich vollständig aufgeklärt freiwillig zur Organspende am Ende seines Lebens bereiterklärt, verdient unsere Hochachtung. Zu einer vollständigen Aufklärung gehören die Aufklärung über Definition und Kritik in Bezug auf das Kriterium des Hirntodes, die in diesem Zusammenhang problematische Verwendung des Begriffes der „postmortalen“ Spende und die Entwicklungen in anderen Staaten, die inzwischen auch „Non-Heart-Beating-Donors“-Kriterien verwenden, also nicht das Kriterium des Hirntods, sondern das Kriterium des Herzstillstands. Damit wurden zum Beispiel in der Schweiz seit 2013 die Organspenderzahlen gesteigert.

Der Mangel an Organen zur Transplantation kann nicht ausschließlich durch erhöhtes Spenderaufkommen beseitigt werden. Schon heute sind die Empfänger von Organen zum Teil retransplantierte Patienten, deren Körper das erste transplantierte Organ wieder abstößt. 

Die Zukunft liegt also eher in der Erforschung und Etablierung einer Möglichkeit, aus patienteneigenen Organ- und Gewebezellen einen solchen Ersatz herzustellen.

Aus diesen Gründen möchten wir Sie bitten, diesem Gesetzesentwurf nicht zuzustimmen.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexandra Maria Linder

Kontakt:
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10119 Berlin
linder@bv-lebensrecht.de
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Nachruf auf Dr. med. Rudolf Ehmann und Frau Dr. med. Adelheid Grüniger

Am 8. April 2019 verstarb im Alter von 77 Jahren unser ehemaliger Chefarzt, Lehrer, Freund und Vorbild Dr. Rudolf Ehmann. Er war von 1984-2006 Chefarzt im Kantonsspital Nidwalden, Schweiz, und leitete dort die Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe. Nur wenige Wochen später, am 4. Mai 2019, verstarb auch seine langjährige Oberärztin, Frau Dr. Adelheid Grüniger, die die Abteilung entscheidend mittrug, im Alter von 82 Jahren.

Dr. Ehmann war ein hocherfahrener Geburtshelfer, ausgezeichneter Kliniker und versierter Operateur. Als Führungskraft zeichnete ihn insbesondere seine Weisheit und Besonnenheit, seine vorbildliche Selbstdisziplin und eine große Motivation, Wissen und Können weiterzugeben, aus. Diese seine letztgenannte Eigenschaft ist der Grund, warum dieser Nachruf von Unterzeichnenden aus anderen Ländern und weiter Ferne verfasst wird.

Man darf mit Recht fragen, was dazu geführt hat, dass Studierende und Ärzte aus mehreren Ländern das doch im Verhältnis zu anderen Spitälern kleine Kantonspital in Nidwalden aufgesucht haben, um hier wenigstens einen Teil ihrer Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe verbringen zu können. Die Antwort ist einfach – Dr. Ehmann war weit mehr als ein Chefarzt, Frauenarzt und Ausbilder. Neben höchsten fachlichen Ansprüchen lebte er auch einen ethischen Anspruch vor. Für ihn als Frauenarzt und Katholik war es oberste Priorität, dem ungeborenen Leben, welches seine Patientinnen in sich trugen oder zu tragen bestimmt waren, mit der höchsten Achtung zu begegnen. Er praktizierte ein Ideal, das ungeborenes Leben in allen Phasen der Existenz, d.h. von der Konzeption an bis zur Geburt, schützte und unterstützte. Dies bedeutete, dass er in all seinem Tun die reproduktive Gesundheit seiner Patientinnen immer berücksichtigte in Beratung, Therapie und konkreter Entscheidung am Krankenbett oder Operationssaal. Somit war es undenkbar, dass er zur Fortpflanzung notwendige Organe ohne medizinischen Grund ihrer Funktion beraubte. Potentiell frühabortive Maßnahmen, die den Embryo in seinen frühesten Entwicklungsstadien beeinträchtigen könnten, wurden von ihm niemals rezeptiert oder angewendet. Eher hätte er sein eigenes Leben gegeben, als dass er das eines ungeborenen Menschen getötet oder dessen Tötung veranlasst hätte. Diese seine konsequente Haltung, die heutzutage etablierte Methoden der Kontrazeption und des Schwangerschaftsabbruches nicht auf seiner Agenda erscheinen ließen, weckte durchaus auch Widerstand. Ohne hart, ungerecht oder emotional zu werden, erklärte und verteidigte er mit durchdachtem und intellektuellem Wesen seine Grundhaltung. Diese basierte nicht auf einer subjektiven Meinung, sondern resultierte aus einer intensiven wissenschaftlichen und religiösen Auseinandersetzung, insbesondere die hormonale Kontrazeption betreffend. Seine Vortragstätigkeit auf bioethischen Kongressen, die Mitgliedschaft in Pro-Life-Organisationen und zahlreiche Buchbeiträge ermöglichten es einem breiten Publikum, seine Schlussfolgerungen nachzuvollziehen und wertzuschätzen. Aus der Sicht angehender Frauenärzte erfuhren wir in seiner Schule, wie man gleichzeitig ein Arzt-Sein auf hohem fachlichem Niveau, in Kollegialität und Patientennähe und eine konsequente ethische Grundhaltung leben kann.

Frau Dr. Adelheid Grüniger war über viele Jahre nicht nur seine Oberärztin, sondern auch seine rechte Hand im Hinblick auf sein großes Lebenswerk. Sie selbst sah ihre Aufgabe als eine „Wegbereitung“ für das ethische Anliegen Dr.Ehmanns an, dessen hohen Anspruch sie uneingeschränkt teilte und unterstützte. Mit ihrem fachlichen Wissen und Können, ihrer Genauigkeit und ihrem Interesse an Personen, Vorgängen und Fachliteratur, arbeitete sie ihm permanent zu. Mit dieser praktischen Unterstützung, durch ihre Herzlichkeit und Wärme und nicht zuletzt durch ihr Gebet trug sie Dr. Ehmann und seine Abteilung über etliche Jahre aktiv und nach ihrem beruflichen Ausscheiden im Jahr 1993 auch im Hintergrund ganz wesentlich mit. Nicht zufällig werden es die zeitlichen Umstände gefügt haben, dass dieser Nachruf, der zunächst nur Dr. Ehmann gewidmet war, nun beide Persönlichkeiten ehren darf.

Mit fortdauerndem Dank und im Namen vieler weiterer KollegInnen

Priv.-Doz. Dr. med. Angela Köninger, Deutschland
Dr. med. Almut Hefter, Deutschland
Dr. med. Irene Hübinger, Liechtenstein
Dr. med. Brigitte Maria Lautenschlager, Schweiz
Priv.-Doz. Dr. med. Peter Kern, Deutschland
Dr. med. Manuel Mariotta, Schweiz
Dr. Fulgence Rubayiza, Ruanda

Kontakt: angela.koeninger@uk-essen.de

Pressemitteilung zur Podiumsdiskussion an den Müchener Kammerspielen mit Kristina Hänel und Andreas Stapf am 7.6.2019

Deutschlands bekannteste Abtreibungsärzte bekommen ein Podium in den Münchener Kammerspielen – am morgigen Freitag reden sie über den § 219a StGB. Im Ankündigungstext heißt es: „Gemeinsam sprechen sie mit der Autorin und Aktivistin Sarah Diehl über die reproduktiven Rechte von Frauen und Menschen mit Uterus.“  Andersdenkende sind bei dieser Runde unerwünscht. Wie hoch der Unterhaltungswert der Beteiligten ist, mag dahin gestellt sein, dem Bildungsauftrag eines Theaters kommt jedoch das Podiumsgespräch ganz sicher nicht nach: es ist nichts anderes zu erwarten als die Inszenierung von Positionen, die bereits sattsam bekannt sind. 
Frau Hänel und Herr Stapf verdienen ihr Geld nach eigener Aussage mit töten: „Auch wenn ich persönlich denke, dass der Begriff Töten zum Thema Abtreiben dazu gehört. Ein Embryo, eine Leibesfrucht, ist für mich etwas Lebendiges, und nach der Abtreibung lebt es nicht mehr“, so Kristina Hänel in ihrem Buch „Die Höhle der Löwin“. Auf ihrer Homepage sagt sie dagegen, bei einer Abtreibung würde „Schwangerschaftsgewebe“ abgesaugt.
Wer sagt, er möchte Frauen sachlich informieren, sollte stets die wissenschaftlich korrekten Fachbegriffe wie „Embryo“ oder einfach „Mensch“ verwenden, keine sachlich falschen Formulierungen. Er sollte Frauen darüber informieren, dass bei einer Abtreibung ein kleiner Mensch mit Herzschlag, voll ausgebildeten Gliedmaßen und Organen stirbt – und kein „Gewebe“. Hier gäbe es jede Menge Möglichkeiten, Frauen zu informieren. Er sollte Frauen die Wahrheit sagen.

Weder Frau Hänel noch Herr Stapf haben einen Doktortitel oder eine Facharztausbildung. Dennoch sollten sie als Ärzte über diese wissenschaftlichen Fakten informiert sein und sie weder den Frauen, die sich in ihre Praxen begeben, noch der Öffentlichkeit vorenthalten. Wer Frauen wirklich helfen will, sagt ihnen die Wahrheit über Abtreibungen. Wer Frauen wirklich helfen will, tötet nicht ihre Kinder, sondern reicht ihnen die Hand.
Die Verantwortlichen der Münchener Kammerspiele haben soviel Respekt vor Menschen mit Uterus, dass sie ihnen sogar eine extra Anrede widmen, für den Fall dass diese sich nicht als Frau fühlen. Aber sie haben keinerlei Respekt, Achtung oder auch nur Mitleid mit den Menschen, die sich in einem Uterus befinden. „Die Frauen, die in Frau Hänels oder Herrn Stapfs Praxis gehen, kommen mit denselben Problemen wie vorher wieder heraus, nur ohne ihre Kinder: Laut Frau Hänels eigener Beschreibung in „Die Höhle der Löwin“ sind es Frauen, deren Männer verschwunden sind oder die einen Seitensprung vertuschen wollen (das Problem ist also die Partnerschaft, nicht das Kind), oder auch Frauen, deren Familie keine Mädchen haben will (das Problem ist die frauenfeindliche Einstellung, nicht das ungeborene Mädchen)“, so die Bundesvorsitzende der ALfA, Cornelia Kaminski, am Donnerstag in Fulda. „Zunächst spricht man Menschen ihr Menschsein ab – entgegen aller wissenschaftlichen Erkenntnisse. Und dann nimmt man sich das Recht heraus, sie zu töten. Mit Kultur hat das sehr wenig zu tun.“

Warum ein aus Steuermitteln finanzierter Kulturbetrieb der verfassungs- und grundgesetzwidrigen Einstellung von Stapf und Hänel ein Podium bietet, bleibt das Geheimnis des Münchener Kulturreferats. 

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Die Aktion Lebensrecht für Alle e.V. ist eine der größten Lebensrechtsorganisationen in Europa und beteiligt sich seit Jahrzehnten auf vielfältige Weise am politischen Meinungsbildungsprozess. Sie tritt für das uneingeschränkte Lebensrecht jedes Menschen ein – ob vor oder nach der Geburt, mit oder ohne Krankheit und Behinderung, alt oder jung. Die ALfA hat rund 11.000 Mitglieder und ist Mitglied im Bundesverband Lebensrecht (BVL) e.V.

V.i.S.d.P.:

Cornelia Kaminski
Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle, ALfA e.V.
cornelia.kaminski@alfa-ev.de

von Alexandra Maria Linder M.A., Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht

Eine arme Frau, die zu Unrecht vor Gericht gezerrt wird, wo sie doch den Frauen nur helfen will? Eine diffamierte Retterin, die Auszeichnungen verdient?

  • Kristina Hänel vertreibt ein Werbeblatt für ihre Abtreibungseinrichtung, in dem ausschließlich von „Schwangerschaftsgewebe“ und „Fruchtblase“ die Rede ist. Des weiteren spricht sie im Rahmen der Beratungsregelung von einem „legalen Schwangerschaftsabbruch“. Außerdem weist sie darauf hin, dass man eine Kostenübernahmeerklärung oder Bargeld mitbringen muss. 
  • Wer sagt, er möchte Frauen sachlich informieren, sollte die wissenschaftlich belegten, korrekten Fachbegriffe wie „Embryo“, „vorgeburtliches Kind“ oder „Mensch“ verwenden, keine verschleiernden oder sachlich falschen Begriffe und Formulierungen.
  • Zitat aus ihrem Buch Die Höhle der Löwin: „Auch wenn ich persönlich denke, dass der Begriff Töten zum Thema Abtreiben dazu gehört. Ein Embryo, eine Leibesfrucht, ist für mich etwas Lebendiges, und nach der Abtreibung lebt es nicht mehr.“ (S. 206)
  • Wer Frauen im Schwangerschaftskonflikt ernstnimmt, sagt ihnen die ganze Wahrheit. Keine Frau im Konflikt macht sich diese Entscheidung leicht und jede Frau muss genau wissen, was bei einer Abtreibung geschieht und welche Folgen sie auch für sie selbst haben könnte. Außer direkten physischen Komplikationen findet sich auf Frau Hänels Werbeblatt nichts dazu.
  • Frau Hänel sagt, mit einer ausgetragenen Schwangerschaft könne man mehr Geld verdienen als mit einer Abtreibung. Das ist das sachlich korrekt, betrifft sie aber nicht. Denn Frau Hänel hat keine gynäkologische Ausbildung und keinen Doktortitel. Vor allem wegen der fehlenden Fachausbildung würden wohl wenige Frauen zu Geburtsvorbereitung und pränatalen Untersuchungen in diese Praxis gehen.
  • Frau Hänel betont, sie möchte Frauen informieren. Wenn das ihr Anliegen ist, könnte sie jeden Tag eine Informationsseite im Internet schalten oder Bücher und Artikel schreiben. Es dürfte dort nur nicht erwähnt werden, dass sie Geld mit Abtreibungen verdient. Solche Informationen von ihrer Seite sind nicht zu finden.
  • 6.000,- Euro Strafe muss Frau Hänel zahlen, weil sie trotz einer ersten Verurteilung vor einigen Jahren notorisch weiter Werbung für ihre bezahlte Tätigkeit als Abtreibungsanbieterin gemacht hat. Bei einem Durchschnittspreis von etwa 500,- Euro pro Abtreibung ist diese Summe unschwer wieder verdient.
  • Die Frauen, die in Frau Hänels Praxis gehen, kommen mit denselben Problemen wie vorher wieder heraus, nur ohne ihre Kinder: Laut ihrer eigenen Beschreibung sind es Frauen, deren Männer verschwunden sind (das Problem ist also die Partnerschaft, nicht das Kind), Frauen, die einen Seitensprung vertuschen wollen (das Problem ist also die Partnerschaft, nicht das Kind), Frauen, deren Familie keine Mädchen haben will (das Problem ist die familiäre Einstellung und Frauenfeindlichkeit, nicht das Mädchen, das dennoch von Frau Hänel aufgrund des Geschlechtes abgetrieben wird).
  • Die „Diskussion“ in den Münchener Kammerspielen am 07.06. zeigt einmal mehr, worum es eigentlich geht: um Ideologie und um Geld.
  • Zitat aus Die Höhle der Löwin: „Die Fähigkeit, abtreiben zu können, wann immer wir wollen, gehört zum Frauenleben dazu.“

Wer Frauen wirklich helfen will, bewahrt sie vor Schaden und bereichert sich nicht an ihrer Konfliktlage. Wer Frauen wirklich helfen will, löst ihre tatsächlichen Probleme und beseitigt nicht ihre Kinder. Wer Frauen wirklich helfen will, bietet ihnen nicht die Tötung ihrer eigenen Kinder als Lösung an. Abtreibung ist gegenüber der Frau wie dem Kind menschenverachtend. Abtreibung ist eine Kapitulation.

04.06.2019