Folgen der Pille danach ignorieren, Apotheker kritisieren: fragwürdige Preisverleihung
Im Masterstudiengang Public Health an der Hochschule (bis Juni 2006 Fachhochschule) Fulda haben zwei Studentinnen für ihre Masterarbeit zur Vergabepraxis der „Pille danach“ einen Preis erhalten, der nach einer Eugenikerin der ersten Stunde, Henriette Fürth, benannt wurde. Frau Fürth hat sich schon 1929 in ihrem Buch „Die Regelung der Nachkommenschaft als eugenisches Problem“ für die Sterilisation sogenannter „erbkranker“ Menschen stark gemacht. Der Fachbereich Public Health wird von Daphne Hahn geleitet, bis 2017 Bundesvorsitzende von pro familia. Pro Familia setzt sich seit Jahren für ein „Menschenrecht auf Abtreibung“ ein. Eine wissenschaftlich korrekte Masterarbeit zur „Pille danach“ aus diesem Umfeld war kaum zu erwarten.
Dennoch überrascht es, wie unkritisch die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der beiden Studentinnen übernommen wurden. Von den 143 befragten Apothekern sahen 70,3% die „Pille danach“ als „besonderes Medikament“, für 70,4% war sie sogar „medizinisch bedenklich“. Diese Bedenken sahen die beiden Studentinnen als nicht gerechtfertigt, da ihrer Meinung nach die „Pille danach“ wenige Neben- und Wechselwirkungen und keine abtreibende Wirkung aufweist. Daher seien die Bedenken der Apotheker nicht medizinischer sondern „moralischer“ Natur, schlussfolgerte die preisgekrönte Masterarbeit.
Diese Schlussfolgerung muss man entschieden abweisen und den Apothekern in Hessen für ihre medizinischen Kenntnisse ein Lob aussprechen. Denn die „Pille danach“ ist alles andere als neben- und wechselwirkungsfrei. Bei sowohl Ulipristal („EllaOne“) in der Dosis von 30 mg wie auch Levonorgestrel („PiDaNa“) in der Dosis von 1,5 mg werden laut Beipackzettel mehr als eine von zehn Frauen an Übelkeit, unregelmäßige Blutungen bis zur nächsten Regel, Unterbauchschmerzen, Müdigkeit und/oder Kopfschmerzen leiden. Wechselwirkungen können mit Arzneimitteln gegen Krampfanfälle, Medikamente zur Behandlung von Tuberkulose, HIV, Pilzinfektion oder Johanniskraut auftreten.
So wird die Wirkung der „Pille danach“ an diesen Stellen allein durch eine Verschiebung des Eisprungs erklärt. In Wirklichkeit ist für beide Präparate eine frühabtreibende Wirkung gut belegt. Im US-amerikanischen Beipackzettel von „EllaOne“ (Ulipristal) geben die Hersteller des Präparates selbst an, dass „zur Wirksamkeit Veränderungen in der Gebärmutterschleimhaut mit Auswirkungen auf die Einnistung beitragen können“. Auch für Levonergestrel (PiDaNa) ist eine frühabtreibende Wirkung je nach Zeitpunkt der Einnahme sehr wahrscheinlich. Diese entsteht dadurch, dass die Einnistung des kleinen Embryos in die Gebärmutterschleimhaut verhindert wird.
Bei dieser Preisverleihung werden die Verstrickung der deutschen Abtreibungslobbys mit dem Bildungssystem einmal mehr sichtbar. Eine private Organisation, die für die Freigabe der „Pille danach“ jahrelang gekämpft hat, „überwacht“ anschließend diese Freigabe mittels einer staatlich finanzierten Hochschule, um zu dem Schluss zu kommen, dass diese immer noch nicht „frei“ genug ist. Um das Ganze medienwirksam zu machen, wird für diese Erkenntnis noch ein dubioser Preis verliehen und schon stehen Hessens Apotheker mit dem Vorwurf am Pranger, sie hätten wenig Ahnung und würden ihre moralischen Vorurteile der Versorgung ihrer Patientinnen vorziehen.
Dass die Freigabe der „Pille danach“ die Häufigkeit von Abtreibungen nachhaltig senkt, gehört im Übrigen auch in das Reich der Fantasie. Im Vereinigten Königreich, wo die „Pille danach“ bereits vor 13 Jahren freigegeben wurde, ist die Abtreibungsrate, auch bei jungen Frauen, seitdem signifikant angestiegen auf derzeit etwa eine von vier Schwangerschaften. Auch Geschlechtskrankheiten haben in dieser Zeit stark zugenommen. In Deutschland – hier ist die Pille danach seit 2015 rezeptfrei – hat die Anzahl der Abtreibungen bereits ebenfalls zugenommen. Wie sich die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten hierzulande entwickeln wird, kann man sich dann denken.
Prof. Dr. Paul Cullen ist Labormediziner und Vorsitzender des Vereins „Ärzte für das Leben“