„Die Retterin?“ – ein Kommentar von Alexandra Linder in idea zum chrismon-Artikel über Kristina Hänel
„chrismon“ über Hänel: „Homestory“ mit sachlichen Mängeln
Das EKD-Monatsmagazin „chrismon“ stellt in der August-Ausgabe die wegen unerlaubter Werbung für Abtreibungen verurteilte Gießener Ärztin Kristina Hänel in einem Porträt vor. Der Beitrag ist überschrieben mit „Die Retterin“. Dazu ein Kommentar der Vorsitzenden des Bundesverbandes Lebensrecht, Alexandra Linder (Weuspert/Sauerland).
Das evangelische Magazin „chrismon“ suggeriert in seinem Artikel über eine Frau, die ihr Geld vor allem mit der tödlichen Beseitigung von Kindern vor der Geburt verdient, dass eine großmütige, menschenfreundliche Heldin zu Unrecht vor Gericht gezerrt wird. Und mit Pferdetherapien oder ihrem Einsatz für ein gutes Verhältnis zu den Juden tut Kristina Hänel in der Tat Gutes.
Es gibt legale Möglichkeiten, um zu informieren
Bei Abtreibungen sieht das anders aus. Abgesehen davon, dass Frau Hänel laut Informationsblatt – wofür sie verurteilt wurde – „legale“ Abtreibungen macht und „Schwangerschaftsgewebe“ entfernt, gibt es noch mehr zu bedenken: Frau Hänel hat einstmals, „ermutigt durch zwei Bier“, ihren Kumpel David gefragt, ob er ihr beibringen könne, wie man abtreibt. So schreibt sie im unter Pseudonym verfassten Buch „Die Höhle der Löwin“. Die Allgemeinmedizinerin ohne Doktortitel hat keine gynäkologische Facharztausbildung. Sie kann sich dennoch mit ihrer Abtreibungspraxis bei jeder Schein-Beratungsstelle registrieren und braucht keine Werbung. Sie könnte 100 Internetseiten erstellen, wenn sie den Eindruck hätte, dass es an sachlicher Information zum Thema Abtreibung fehlt – nur ohne den Hinweis, dass man in ihrer Praxis abtreiben kann. Hätte sie also uneigennützige Ziele, gäbe es genug legale Möglichkeiten.
Kein seriöser Lebensrechtler schickt Hassmails
So bleibt festzuhalten, dass sie notorisch – mindestens seit 2004, als sie schon einmal verurteilt wurde – für ihre vorgeburtlichen Kindstötungen gegen Entgelt wirbt und damit absichtlich gegen ein Gesetz verstößt. Aber kein seriöser Lebensrechtler hat Frau Hänel schikaniert, ihr Hassmails geschickt oder mit einem langsamen Foltertod gedroht, wie es in dem Artikel heißt – und keiner verhöhnt den Holocaust. Worauf hier angespielt wird: Eine einzige Person verwendet den Begriff „Babycaust“, ein „Einzelkämpfer“ unter hunderttausenden Lebensrechtlern. Wenn unter 100.000 Tierschützern ein einziger einen Massentierhalter mit solchem Gebaren überzieht, wird er auch nicht als pars pro toto für die gesamte Tierschutzbewegung genommen. Im übrigen sind „typische“ Lebensrechtler hilfsbereit und ohne Unterschied menschenfreundlich, sie argumentieren sachlich, helfen Schwangeren, dazu arbeiten sie meistens ehrenamtlich – sie müssen sich weder rechtfertigen noch ist Diffamierung angebracht.
Was pharisäerhaft ist
Da der chrismon-Artikel auf den Satz Frau Hänels, „Nur Dinge, die wahr sind, berühren mein Herz“, Wert legt, sollte er auch Wert auf wahre Berichterstattung legen. Woher will man wissen, wie viele Pharisäer es unter Lebensrechtlern gibt? Jesus mochte übrigens nicht nur keine Pharisäer, wie Frau Hänel betont, sondern mit Sicherheit auch keine Abtreiber. Und ist es nicht pharisäerhaft, sich über Andersdenkende zu stellen, zu meinen, man habe die Wahrheit für sich gepachtet? Woher will sie die Sicherheit nehmen, was wahr ist – und berühren die wahrhaft toten Kinder ihr Herz überhaupt nicht?
Frau Hänel macht sich zum Handlanger der Frauenfeindlichkeit
Das Beispiel der türkischen Frau, mit der Frau Hänel geweint hat, ist symptomatisch für ihre „Hilfe“. In dem geschilderten Fall will der Vater des Kindes die Frau nicht heiraten. Ledig mit Kind aber werde sie aus der Familie verstoßen. Also beugt man sich den Verhältnissen, tötet das Kind und schickt die Frau nach Hause. Die Familie könnte die Frau übrigens aus denselben kulturellen Gründen auch wegen der Abtreibung verstoßen. Ein anderes Kind wird wegen eines Arbeitsplatzes beseitigt. Frau Hänel tötet die Kinder einer dritten und vierten Frau, die von den Männern verlassen wurden. Alle Fälle zeigen, dass sie nicht den wirklichen Willen der Frauen erfüllt, die das Kind behalten wollen und nur angesichts widriger Umstände zur Abtreibung gehen; und dass sie die Probleme der Frauen damit nicht löst – denn das Kind ist generell nicht die Ursache des Problems. Sie macht sich zum Handlanger dessen, was sie ebenso bekämpfen will, wie die Lebensrechtler es tun: Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung. Geradezu paradox.
Hanebüchen für ein christliches Magazin
Auch „chrismon“ macht sich zum Handlanger: von Ideologen, einem falschen Hilfeverständnis, von einem Denken, das eine Gruppe von Menschen willkürlich aus den Menschenrechten ausgrenzen will – für ein christliches Magazin ein hanebüchenes Unterfangen.